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Fernbusse und BarrierefreiheitSeit der Liberalisierung des Marktes Anfang des Jahres 2013 gelten Fernbusreisen als günstige Alternative zum Schienenverkehr – doch bisher steht dieses Privileg noch nicht allen Reiseinteressierten uneingeschränkt offen. Für mobilitätsbeeinträchtigte und behinderte Menschen stellt eine Fahrt mit dem Fernbus häufig noch immer ein großes Hindernis dar. Auch für Senioren, die laut einer Statistik des Anbieters city2city bereits 15 Prozent der Fahrgäste ausmachen, ist die Reise mit dem Fernbus aufgrund schwer zugänglicher Toiletten oder der Höhenunterschiede beim Einstieg in den Bus nicht immer leicht. Barrierefreiheit und die behindertengerechte Gestaltung der Busse sind daher Themen von großer Brisanz und verlangen nach raschen und effizienten Lösungsansätzen.

Gesetz verlangt barrierefreie Busse ab 2016

Schon bevor die ersten Fernbusse in Deutschland auf die Reise gingen, versuchte man sich der rechtlichen Regelung der Problematik anzunehmen: Laut Personenbeförderungsgesetz müssen alle Fernbusse barrierefrei gestaltet sein. Da das neue Gesetz jedoch sehr kurzfristig verabschiedet wurde, beschloss man, den Fernbus-Anbietern eine zweiphasige Übergangsfrist einzuräumen. Gesetzlich müssen erst ab dem 1. Januar 2016 alle neu gekauften Fahrzeuge barrierefrei sein. Für Altfahrzeuge tritt diese Regelung erst drei Jahre später in Kraft, so dass ab dem 1. Januar 2019 ausschließlich behindertengerechte Fernbusse unterwegs sein werden. Da dies momentan noch Zukunftsmusik ist, analysiert Fernbusse.de die derzeitige Situation auf dem Fernbus-Markt.

Der Status Quo

Fernbus-Anbieter zeigen sich weitestgehend kooperativ und suchen zunehmend den Dialog mit Behindertenverbänden und Betroffenen. „Gemeinsam mit Busherstellern, Branchenverbänden und Politik arbeiten wir derzeit an einer möglichen Lösung für die Zukunft,“ so Bettina Engert, Pressesprecherin von FlixBus. Auch city2city ergreift die Initiative und kündigt an, der gesetzlichen Frist für die Einführung von barrierefreien Fernbussen zuvorkommen zu wollen und schon ab Anfang 2015 mit behindertengerechten Bussen unterwegs zu sein. MeinFernbus, FlixBus und DeinBus.de geben an, momentan regelmäßig Schulungen für das Buspersonal durchzuführen, bei denen auch auf den Umgang mit gehbehinderten Fahrgästen und Rollstuhlfahrern eingegangen wird. Die Mitnahme eines Rollstuhls im Gepäckraum und der Transport auf einem üblichen Sitz soll so – nach Anmeldung und Absprache mit dem Unternehmen – ermöglicht werden. Schwerbehinderten wird bei den meisten Fernbus-Anbietern auf das Ticket außerdem Rabatt gewährt und Begleitpersonen dürfen – wenn im Behindertenausweis vermerkt – kostenlos mitfahren.

Für Schlagzeilen sorgte vor Kurzem der ADAC Postbus mit der Aussage, schon jetzt mit barrierefreien Bussen unterwegs zu sein. Nach dem Allgäu-Airport Express, der auf der Strecke von München nach Zürich bereits barrierefreie Busse stellt, ist ADAC Postbus das zweite Unternehmen, das über Rollstuhlplätze verfügt. Die Busse des Typs Van Hool Altano ermöglichen die Mitnahme eines Rollstuhlfahrers und verfügen über drei leicht erreichbare Plätze für gehbehinderte und mobilitätsbeeinträchtigte Fahrgäste. Unterwegs sind die sieben barrierefreien Busse zunächst auf der Strecke von Hamburg nach Berlin. Darüber ob auch die restlichen Strecken des Unternehmens mit barrierefreien Bussen ausgestattet werden, wird laut Angaben des Fernbus-Anbieters jedoch frühestens im Sommer 2014 entschieden.

Unterdessen vermeldet Berlin Linien Bus vor drei Wochen als erster deutscher Fernbus-Anbieter einen Fernbus mit zwei Rollstuhlplätzen in Betrieb genommen zu haben. Künftig will Berlin Linien Bus weitestgehend auf die barrierefreien Busse der Marke Setra zurückgreifen und so das gut ausgebaute Liniennetz für jedermann zugänglich machen. „Für 2013 und 2014 sind bereits mehrere Busse dieses Typs bestellt“, so ein Sprecher von Berlin Linien Bus.

Was ist Barrierefreiheit?

Wenngleich dies grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung gedeutet wird, muss dennoch auf die Problematik des Themas Barrierefreiheit hingewiesen werden, denn darüber was unter Barrierefreiheit verstanden wird, lässt sich streiten. Das Behindertengleichstellungsgesetz definiert Barrierefreiheit als die Gestaltung der Umwelt in einer Art, so dass sie von behinderten wie nichtbehinderten Menschen in gleicher Weise genutzt werden kann. Das Personenbeförderungsgesetz hingegen hält sich vage und liefert keine genaue Definition: Es spezifiziert lediglich, dass ein barrierefreier Fernbus über zwei Rollstuhlplätze samt Lift verfügen muss. Demnach wären auch die neuen Busse des ADAC Postbus mit nur einem Rollstuhlstellplatz ab 2019 auf deutschen Straßen nicht zulässig. Problematisch ist auch, dass die Möglichkeit der Reise im eigenen Rollstuhl aufgrund von Vorschriften der Regierung nur in einigen wenigen DIN-gerechten Rollstühlen möglich ist. Ein Mangel herrscht außerdem an einheitlichen, rechtlichen Bestimmungen mit Hinsicht auf die Toiletten in den Fernbussen, die meist abgesenkt liegen und damit für Rollstuhlfahrer unzugänglich sind. Auch wird von Behindertenverbänden bemängelt, dass die neuen Verordnungen nicht für grenzüberschreitende Fernbusse gelten und weder auf die Belange von seh- noch von hörbehinderten Fahrgästen eingegangen wird. Forderungen nach einem europaweiten und enger definierten Modell werden daher laut. Alexander Edenhofer, Pressesprecher der Deutsche Post DHL betonte im Auftrag von ADAC Postbus in einem Interview mit mobilista.eu: „Generell sind Konzepte zur vollständigen Barrierefreiheit noch zu erarbeiten – dazu sind wir bereits mit verschiedenen Behindertenverbänden im Gespräch und beziehen gerne weitere Beteiligte und Betroffene mit ein.“

Barrierefreies Reisen ist nicht nur eine Sache der Fernbusse

Die gesetzlichen Verordnungen sowie die zunehmende Kooperationsbereitschaft der Fernbus-Anbieter lassen zwar auf eine positive Entwicklung hoffen, doch gilt es auch nach Umgestaltung der Fahrzeuge noch weitere Hindernisse zu überwinden. So bemängeln Fahrgäste und Fernbus-Anbieter gleichermaßen die mangelhaften Zustände der deutschen Busbahnhöfe, die oft über zu wenig Bushaltestellen und überdachte Warteplätze verfügen. Als barrierefrei erachtet der Bundesverband deutscher Omnibusunternehmer nur die Busbahnhöfe in Hamburg und Mannheim. Aber auch Essen geht mit einem guten Beispiel voran und installierte bereits ein taktiles Leitsystem für sehbehinderte Busreisende. Wer jedoch für die dringend erforderlichen Sanierungen zuständig sein soll, ist unklar. Der Bund erklärt den behindertengerechten Ausbau der ZOBs zur Aufgabe der Busunternehmen und Kommunen – wobei letztere häufig nicht über die finanziellen Mittel zur Modernisierung verfügen. Doch es gibt auch Lichtblicke: Ein begrüßenswertes Modell stellt der ZOB Hannover dar, der aktuell im Auftrag des Fernbus-Anbieters Eurolines (Deutsche Touring) barrierefrei saniert wird. Eurolines soll dabei auch nach dem umfangreichen Ausbau als Betreiber des ZOBs agieren und so auf lange Sicht von den Investitionen profitieren.

Ein weiter Weg

Bis zu gänzlich barrierefreien Fernbusreisen ist es sicherlich noch ein weiter Weg, doch die ersten Schritte sind getan. Am 15. Oktober 2013 traf sich erstmals die „Steuergruppe Lastenheft“, die sich aus Interessensvertretern aller Beteiligten zusammensetzt. An den Gesprächen beteiligt waren beispielsweise der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer, der deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband, das Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit sowie der Fernbus-Anbieter MeinFernbus. Gemeinsam soll in mehreren Sitzungen ein konsensfähiges Lastenheft erarbeitet werden, das realistische und effektive Richtlinien für barrierefreie Fernbusse bereithält. Eine zweite Sitzung ist für den kommenden Dezember angesetzt. Sie steht unter dem Motto: „Ein Fernbus für Alle“. (KH)

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17 Kommentare zu Ein Fernbus für Alle: Von Fernbussen und Barrierefreiheit

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